Websites und das BaFG: Die Fakten
Das österreichische Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) wurde am 19. Juli 2023 veröffentlicht und setzt die EU-Richtlinie 2019/882 (European Accessibility Act, EAA) um. Das Gesetz tritt am 28. Juni 2025 vollständig in Kraft und verpflichtet Unternehmen zur Einhaltung von Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen, einschließlich digitaler Angebote wie Websites und mobile Anwendungen (Smartphone Apps).
Ziel des Gesetzes
Das BaFG verfolgt das Ziel, den Zugang zu Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen zu verbessern und dadurch eine inklusive Gesellschaft zu fördern. Es baut auf dem Prinzip des universellen Designs auf, das sicherstellt, dass alle Menschen möglichst uneingeschränkt auf digitale Inhalte zugreifen können.
Wer ist betroffen?
Das BaFG richtet sich an alle Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen in Österreich anbieten. Betroffen sind:
- Websites und Online-Shops im B2C-Bereich (z.B. FH Technikum Wien, Sonnentor).
- Elektronische Kommunikationsdienste (z.B. Whatsapp).
- Plattformen für audiovisuelle Mediendienste (z.B. ORF Mediathek).
- Online-Ticketing-Dienste und Personenverkehrsanbieter (z.B. ÖBB Tickets).
- Bankdienstleistungen und anderen digitalen Finanzdienstleistungen (z.B. Flatex).
Wie müssen Websites gestaltet sein?
In Anlage 1, Abschnitt 6 des BaFG können die Punkte im Detail nachgelesen werden. Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung:
- Visuelle Einschränkungen: Blinden und eingeschränkt sehenden Personen muss eine Möglichkeit geboten werden, die Website nicht nur über visuelle Elemente zu bedienen. Weiter ist es wichtig, Alternativen für Bedienungsformen zu bieten, die eine Farbunterscheidung erfordern. Beispiel: Die Website muss so aufgebaut sein, dass sie mit Screenreadern kompatibel ist.
- Auditive Einschränkung: Gehörlosen und schlecht hörenden Personen müssen Alternativen zu bzw. erweiterte auditive Bedienungsformen geboten werden. Beispiel: Videos müssen untertitelt sein.
- Fehlendes Sprechvermögen: Ist eine Spracheingabe erforderlich, muss es auch eine andere Möglichkeit der Bedienung geben. Beispiel: Wird eine Produktsuche über Spracheingabe angeboten, kann diese auch über Texteingabe ermöglicht werden.
- Eingeschränkte manuell-motorischen Fähigkeiten/Kraft: Es muss eine Möglichkeit geben, die keine feinmotorische Steuerung erfordert. Beispiel: Die Website muss auch mit der Tastatur navigierbar sein.
- Fotosensitive Anfälle: Elemente, die fotosensitive Anfälle auslösen können, sind zu vermeiden. Beispiel: Ein Video auf der Startseite, das starke stroboskopische Effekte enthält.
- Eingeschränkte Kognition: Es muss eine Bedienungsform vorhanden sein, die die Nutzung der Website erleichtert und vereinfacht. Beispiel: Erklärungen in einfacher Sprache für komplexe Formulare.
- Datenschutz: Der Datenschutz muss bei der Nutzung von Funktionen, die der Barrierefreiheit dienen, gewahrt bleiben. Beispiel: Es darf nicht aufgezeichnet werden, welcher Nutzer die Möglichkeit der vereinfachten Sprache nutzt.
Zur praktischen Umsetzung dieser Punkte gibt es im Gesetz keine genauen Angaben. Generell ist ein Website-Betreiber aber gut gerüstet, wenn die Standards der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.2, Stufe AA, eingehalten werden.
Barrierefreiheitserklärung
Betreiber von Websites und digitalen Diensten, die unter das BaFG fallen, sind verpflichtet, eine Barrierefreiheitserklärung auf ihrer Website bereitzustellen. Diese Erklärung soll die Einhaltung der Barrierefreiheitsstandards dokumentieren und Benutzer darauf hinweisen, welche Maßnahmen zur Barrierefreiheit umgesetzt wurden. Folgende Elemente müssen enthalten sein:
- Status der Konformität: Erläuterung, inwieweit die Website den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
- Mögliche Einschränkungen: Auflistung von Inhalten oder Bereichen, die derzeit nicht barrierefrei sind.
- Feedback-Möglichkeiten: Kontaktinformationen, damit Nutzer auf Barrieren hinweisen und Verbesserungen anregen können.
Ausnahmen und Sonderregelungen
Einige Inhalte und Unternehmen sind von den Anforderungen ausgenommen:
- Kleinstunternehmen: Unternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von unter 2 Millionen Euro sind nicht zur Umsetzung verpflichtet.
- Alte Inhalte und Archive: Inhalte, die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden und keine aktiven Transaktionen unterstützen, sind ausgenommen.
- Unverhältnismäßige Belastung: Falls die Umsetzung eine unzumutbare wirtschaftliche Belastung darstellt, kann eine Ausnahme beantragt werden. Dies muss jedoch mit im Detail nachgewiesen werden.
Konsequenzen bei Nichteinhaltung
Menschen mit Behinderungen können Verstöße an das Sozialministeriumservice melden. Dabei gilt bei erstmaliger Meldung bzw. einem geringfügigen Verstoß der Grundsatz “Beratung vor Bestrafung”. Wird die Barriere allerdings nicht innerhalb der gesetzten Frist behoben, kann ein Strafe von bis zu 80.000 Euro verhängt werden (BaFG, Abschnitt 8, §36).
Unsere Empfehlung
Wenn Sie ein Website-Betreiber sind und unter die gesetzlichen Regelungen fallen, empfehlen wir, nicht bis zum letzten Moment mit der Umsetzung zu warten. Je nach Größe und Komplexität ihrer Seite kann diese viel Zeit in Anspruch nehmen. Außerdem besteht die Gefahr, dass ein schwaches technisches Fundament die Kosten weiter erhöht. Lassen Sie Ihre Website deshalb früh auf Barrierefreiheit prüfen und planen Sie genug Zeit für nötige Änderungen ein! Vollkommen ohne Hintergedanken weisen wir an dieser Stelle auf unser Angebot zur Barrierefreiheits-Prüfung von bestehenden Websites hin.
Planen Sie gerade eine neue Website, bedenken Sie die Barrierefreiheit gleich mit. Falls Sie wissen möchten, was Sie dabei zu beachten haben, bieten wir auch einen Workshop zur Sensibilisierung betreffend die Barrierefreiheit an. So sparen Sie Zeit und Geld.
Mehr Informationen dazu, was es bedeutet, eine Website barrierefrei zu machen, was und wie Sie selbst prüfen können, und warum eine barrierefreie Website meist auch ein gutes technisches Fundament hat, erfahren Sie in unseren nächsten Beiträgen. Bis bald!