30. Juli 2024

KI für kleine Unternehmen: Ideengenerierung

Im dritten Beitrag unserer Blogreihe "KI für kleine Unternehmen” wenden wir uns einem Anwendungsfall zu, der meist nicht unmittelbar mit GenAI in Verbindung gebracht wird: dem Generieren und Ausarbeiten von Ideen im Dialog mit einem Chatbot.

Wie in den bisherigen Beiträgen (Teil 1 und Teil 2) richten wir uns an kleine Unternehmen, welche die Fähigkeiten von GenAI im täglichen Geschäft ohne Investition testen wollen. Aus diesem Grund beschränken wir uns auf generalistische GenAI Chatbots, die als Service angeboten werden.

Vorsicht! Bei der Verwendung von Chatbot-Services gelten zwei Verhaltensgrundsätze:

  1. Geben Sie niemals vertrauliche oder sensible Informationen an Chatbots weiter. Ihre Eingaben können in Trainingsdaten oder Auswertungen landen und von anderen Benutzern abgerufen werden.
  2. Kontrollieren Sie GenAI Texte hinsichtlich deren Plausibilität und Angemessenheit. GenAI Chatbots sind keine Fachexperten. Sie erfinden Dinge, die weder der Realität noch Ihren Anforderungen entsprechen.

Für die Beispiele in diesem Beitrag werden wir Claude verwenden. Claude bietet eine kostenlose Version an, die Sie nach Registrierung testen können. Alle Beispiele, die wir beschreiben, wurden mit der kostenlosen Version getestet und ausgearbeitet. Spielen Sie unsere Anwendungsfälle mit den gezeigten Prompts nach oder experimentieren Sie selbst mit diesem Werkzeug und finden Sie heraus, ob es Ihnen im Alltag helfen kann!

Ein kritisches Auge auf eine Idee werfen

Wie wir im zweiten Teil unserer Serie beschrieben haben, kann ein GenAI Chatbot über entsprechende Prompts verschiedene Rollen einnehmen, indem wir den Kontext und die Tonart definieren. In diesem Beitrag werden wir das nutzen, um Feedback aus passenden Perspektiven erstellen zu lassen.

Wir werden Claude dazu verwenden, uns im Namen unseres fiktiven Unternehmens "GreenGrow" Feedback zu einer neuen Geschäftsidee geben zu lassen. Dazu verwenden wir folgenden Prompt:

Hier ist die Beschreibung eines fiktiven Unternehmens: <beschreibung>Stellen Sie sich ein kleines Unternehmen namens "GreenGrow" vor, das sich auf nachhaltige Gartenbauprodukte spezialisiert hat. Das fünfköpfige Team arbeitet in einem gemütlichen Büro in der Innenstadt, umgeben von Pflanzen und umweltfreundlichen Gadgets. Ihre Tage sind gefüllt mit Kundenberatungen, der Pflege von Online-Präsenzen und der Zusammenarbeit mit lokalen Lieferanten, um eine breite Palette von Bio-Düngemitteln und recycelbaren Gartengeräten anzubieten. Die offene Büroatmosphäre fördert Kreativität und direkte Kommunikation, wobei Teammitglieder oft in verschiedenen Rollen flexibel agieren.</beschreibung>
Nimm die Rolle eines Experten im Vertrieb von Gartenbauprodukten ein, der als Mentor für das junge Unternehmen GreenGrow fungiert. Ich bin Geschäftsführer von GreenGrow und habe eine Idee für ein neues Produkt. Gib mir kritisches Feedback zu meiner Idee. Formuliere dein Feedback als Aufzählung. Beschränke jeden Kritikpunkt auf 50 Wörter. Hier ist meine Idee: <idee>"Seed & Save" ist ein Abonnementdienst, der saisonale Samenpakete mit detaillierten Anleitungen und umweltfreundlichem Gartenzubehör kombiniert. Ziel ist es, Urban Gardening zu fördern und Nachhaltigkeit direkt in städtische Haushalte zu bringen.</idee>

GenAI Chatbots können Textmarker oder Abgrenzungen in Prompts interpretieren. Im Falle von Claude passiert diese Kennzeichnung wie oben demonstriert über "Tags"https://docs.anthropic.com/de/docs/use-xml-tags. ChatGPT kann ebenso eine Vielzahl von Zeichen, die üblicherweise nicht im Fließtext vorkommen, als Abgrenzung verstehen (zum Beispiel mehrere Rautenzeichen in Folge). Dies unterstützt den Chatbot dabei, Textelemente richtig zu kategorisieren und kann die Qualität bei komplexen Anfragen verbessernhttps://platform.openai.com/docs/guides/prompt-engineering/tactic-use-delimiters-to-clearly-indicate-distinct-parts-of-the-input. Im obigen Prompt war es eine einfache Möglichkeit für uns, zu kennzeichnen, wann die Unternehmensbeschreibung bzw. Idee beginnt und endet, um sie von den direkten Anweisungen an Claude abzugrenzen.

Hier ist die Antwort von Claude auf unseren Prompt nach kritischem Feedback:

Kritisches Feedback von Claude zu unserer Geschäftsidee "Seed & Save"

In weitere Folge könnten wir uns dafür entscheiden, einzelne Punkte dieser Liste in einer Konversation mit Claude zu vertiefen. Wir könnten den Chatbot beispielsweise bitten: "Gehe weiter auf Punkt 5 ein. Welche Strategien können wir anwenden, um Kundenbindung zu erreichen? Gib mir fünf Beispiele."

Wichtig zu beachten: GenAI Chatbots sind gut darin, den Eindruck zu erwecken, Experten auf einem Gebiet zu sein. Das ist ausreichend, um kritische Fragen zu stellen, die es erlaubt, eine Idee weiter zu spinnen. Dieses Feedback ist aber nicht mit echter Fachexpertise gleichzusetzen. Insbesondere raten wir davon ab, mit GenAI Chatbots rechtliche Dokumente oder andere kritische Schriftstücke absichern zu wollen.

Spezielle Gesprächsmethoden anwenden, um eine Idee auszuarbeiten

Unser nächster Anwendungsfall ist eng mit dem oben beschriebenen kritischen Feedback verwandt, macht sich jedoch den konversierenden Charakter von Chatbots noch mehr zu Nutze.

Ebenso wie moderne GenAI Chatbots in der Lage sind, verschiedene Rollen zu mimen, können Sie auch beliebige Gesprächs- und Diskursmuster anwenden, um Ideen zu spezifizieren oder kritisch zu hinterfragen. Bei gängigen Praktiken können Sie davon ausgehen, dass der Chatbot ohne weitere Anweisungen handeln kann (fragen Sie einfach nach, ob eine Methode bekannt ist), in anderen Fällen kann es sein, dass Sie das Prinzip zuvor erklären müssen.

Im folgenden Beispiel verwenden wir die Methode des "sokratischen Dialogs"https://de.wikipedia.org/wiki/Sokratische_Methode, um durch kritisches Hinterfragen von Seiten des Chatbots die Produktidee "Seed & Save" weiter auszuarbeiten. Dazu haben wir Claude im Anschluss an seine letzte Antwort folgende, einfache Anweisung geben:

Wende die sokratische Methode an, um gemeinsam mit mir das Produkt genauer zu definieren und die Produktidee weiter reifen zu lassen.

Auch ohne nähere Spezifikation hat Claude begonnen, gemeinsam mit uns die Produktidee durch gezielte Fragen weiter auszuarbeiten:

Claude wendet die sokratische Methode an, um unsere Geschäftsidee zu hinterfragen

Auf diese Art haben wir uns sukzessive durch einige kritische Aspekte der Produktspezifikation gearbeitet. Den Prozess haben wir damit abgeschlossen, Claude anzuweisen, uns eine Zusammenfassung der erhobenen Informationen in Form einer Produktbeschreibung zu liefern.

Eine Idee präsentationsreif gestalten

Zuletzt möchten wir im Namen von GreenGrow einen Newsbeitrag über das neue Produkt verfassen. Die Informationen dazu liegen allerdings unstrukturiert und hauptsächlich in Stichworten oder Aufzählungen vor. Um nun einen geordneten, leicht zugänglichen Text zu formulieren, weisen wir den Chatbot an, die Rolle eines Journalisten zu übernehmen und Fragen über "Seed & Save" zu stellen, bis er genug Informationen gesammelt hat, um einen Artikel zu verfassen. Das Resultat verwenden wir dann als Basis für unseren Newsbeitrag.

Ich möchte nun einen Newsbeitrag zu "Seed & Save" verfassen, um das Produkt unserer Kundschaft anzukündigen und näher zu bringen. Übernimm die Rolle eines Journalisten, der einen Beitrag zu "Seed & Save" schreibt. Stelle mir Fragen zu diesem Produkt, bis du genug Informationen für deinen Beitrag gesammelt hast. Sobald du genug Informationen hast, mach einen Vorschlag für einen entsprechenden Newsbeitrag. Der Beitrag soll positiv formuliert sein und das Produkt attraktiv darstellen, um Kunden dafür zu begeistern. Der Beitrag soll nicht länger als 200 Wörter sein.

Claude antwortet mit einer strukturierten Liste an Fragen:

Claude erfragt Informationen, um einen Artikel über unser neues Produkt zu schreiben

Je nach Vorliebe können sie den Chatbot über die Instruktionen im Prompt auch anweisen, die Fragen nicht gesammelt, sondern eine nach der anderen zu stellen. Daraus ergibt sich ein anderer Dialog mit anderen Ergebnissen. Nachdem wir Claude die Fragen beantwortet haben, macht er uns folgenden Vorschlag für einen Newsbeitrag:

Der Artikel, den Claude aus unseren Antworten erstellt hat.

Claude hat uns somit geholfen, die neue Idee zu strukturieren und in eine Form zu bringen, auf deren Basis wir das Konzept auch gegenüber Kunden oder Investoren kommunizieren könnten.

Wenn Sie diese Methode anwenden, empfehlen wir Ihnen, den Text vor der Veröffentlichung nach eigenem Ermessen und Bedarf anzupassen, da dieser neben faktisch falschen Angaben auch Meinungen enthalten kann, die Sie nicht in Ihrem Namen veröffentlichen möchten. Auch die Tonalität des Textes und die Ansprache des Zielpublikums entsprechen meist noch nicht der Unternehmensidentität, sodass erkannt wird, dass der Text nicht aus Ihrer Feder stammt.

Abschluss und Ausblick

Im dritten Beitrag unserer Serie "KI für kleine Unternehmen" haben wir uns damit beschäftigt, wie generalistische GenAI Chatbots bei der Ideenfindung und -strukturierung unterstützen können. Wir hoffen, dass unsere drei Anwendungsfälle mit Claude Ihnen ein paar Denkanstöße gegeben haben, wie Sie GenAI ohne Investition einsetzen können, um Ihre Ideen auszuarbeiten. Denken Sie dabei weiterhin immer an unsere zwei Verhaltensgrundsätze im Umgang mit Chatbots.

Im nächsten Beitrag werden wir uns mit dem Thema der KI-unterstützten Suche und Recherche beschäftigen – bis bald!